Auf Einladung der Psychologischen Hochschule Berlin PHB spricht Prof. Dr. Alexis Lorenzo Ruiz am 17. Mai 2018 um 18 Uhr im öffentlichen Podiumsgespräch über Psychologie und Psychotherapie in Kuba. Er wird auch über seine Erfahrungen mit humanitären medizinischen und psychologischen Einsätzen in vielen Ländern der Dritten Welt berichten. Die öffentliche Veranstaltung findet im großen Hörsaal der PHB, Am Köllnischen Park 2, statt. Der Eintritt ist frei.
Dr. Lorenzo Ruiz ist Professor und Leiter des Bereichs Klinische Psychologie und Gesundheitspsychologie an der psychologischen Fakultät der Universität von Havanna, außerdem Präsident der Cuban Society of Psychology und Präsident des Organisationskomitees der interkontinentalen Konferenz „Hominis 2018“ mit dem Thema „Human wellbeing and sustainable development: The place of Psychology“. Er hat als Psychologe zahlreiche humanitäre Katastropheneinsätze geleitet, von Tschernobyl über Haiti bis zu den Ebola-Epidemien.
Die Psychologin Frauke Nees hatte in den letzten Jahren die Fachexkursionen des Berufsverbandes Deutscher Psychologen und Psychologinnen nach Argentinien und Kuba fachlich betreut und vor Ort die Kontakte mit den Fachvertreterinnen und Fachvertretern hergestellt. Sie wird das Gespräch mit Prof. Lorenzo führen und für deutsche Übersetzungen sorgen.
Was die Psychologische Hochschule im Bachelor und Master-Studiengang Psychologie und im Psychotherapiestudium seit ihrer Gründung als wesentliche Leitlinie verfolgt, ist in Kuba in der Praxis und in der Ausbildung von Psychologinnen und Psychologen schon lange selbstverständlich: Verschiedene Therapierichtungen stehen nicht in sich gegenseitig ausschließender Konkurrenz zueinander. Was wir in der PHB entgegen den landläufigen Trennlinien und in mühsamer Abstimmung mit den klaren Abgrenzungen des Psychotherapeutengesetzes erarbeitet haben, das ist in Kuba und in vielen anderen Ländern eine Selbstverständlichkeit.
Therapieschulen in der Form, wie wir sie kennen, gibt es in Kuba gar nicht. Es wird zwar beispielsweise auch Psychoanalyse praktiziert; sie konnte sich aber nicht so durchsetzen wie etwa in Argentinien. Dies wird mit der ganz anderen Struktur des kubanischen Gesundheitswesens erklärt, das als staatlicher Dienst konzipiert ist und keine privaten Praxen kennt. Psychotherapie findet ausschließlich im Rahmen von Institutionen, zum Beispiel an Polikliniken, statt. Nach Aussagen kubanischer Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner wird mit einem integrativen Ansatz gearbeitet: Stark beeinflusst von Lew Semjonowitsch Wygotski, dem russischen Psychologen und Begründer der kulturhistorischen Schule, arbeitet Psychotherapie auf pragmatische Art und Weise mit verschiedenen Modellen einschließlich tiefenpsychologisch, verhaltenstherapeutisch und systemisch orientierten Konzepten. Der Fokus liegt weniger auf dem Individuum, stattdessen wird dem sozialen, materiellen und beruflichen Kontext große Bedeutung beigemessen.
Wir danken dem Reisedienst Bartsch für die finanzielle Unterstützung.
Literaturhinweis – Frauke Nees in psylife: Kuba aus Sicht einer deutschen Psychologin